7.3. Herausforderungen und Prioritäten im Risikomanagement für 2016


Herausforderungen

Das Niedrigzinsumfeld hat sich wie bereits 2014 auch im Jahr 2015 weiter manifestiert und teilweise wurden historische Tiefstände erreicht. Dieser Effekt hat besonders starke Auswirkungen im Bereich der Lebensversicherung. Abhängig von der Veranlagungsstrategie können die anhaltend niedrigen Zinsen dazu führen, dass die erwirtschafteten Erträge nicht ausreichend sind, um die Garantien der Versicherungsnehmer zu finanzieren. Das Thema Niedrigzins bewegt nach wie vor die europäische Versicherungsbranche und führt zu intensiven Diskussionen darüber, wie die nachhaltige Finanzierung von Optionen und Garantien der Kunden gewährleistet werden kann (im Bestand wie für das Neugeschäft). Als wesentliche Maßnahme im Rahmen der definierten Lebensstrategie hat UNIQA den Fokus auf die Umsetzung des ALM-Ansatzes inklusive stringenter Managementregeln (z.B. Steuerung der Gewinnbeteiligung) gelegt sowie die Ausrichtung der Neugeschäftsstrategie im Personenversicherungsbereich durch ein kontinuierliches Bestandsmanagement begleitet.

Ein Spezialthema sind (nach Ländern unterschiedliche) Anforderungen zur Bildung von sogenannten Zinszusatzreserven (ZZR), die in der jeweiligen lokalen Rechnungslegung eine Vorsorge im Niedrigzinsumfeld fordern. UNIQA hält in den österreichischen Gesellschaften (hier besteht die gesetzliche Anforderung, ZZR zu bilden) per 31. Dezember 2015 eine Rückstellung von 67,8 Millionen Euro, die ausschließlich in der lokalen Rechnungslegung besteht. Im Rahmen der Neugestaltung des Versicherungsaufsichtsgesetztes in Österreich wurden auch die entsprechenden Verordnungen zur Bildung der ZZR überarbeitet, wobei hervorzuheben ist, dass ein Teil des Aufwands ab 2016 einen Abzugsposten in der Bemessungsgrundlage für die Gewinnbeteiligung darstellt. Den ZZR in der lokalen Rechnungslegung steht der sogenannte Liability-Adequacy-Test (LAT) zur Überprüfung der Angemessenheit der Reserven im Rahmen des IFRS-Abschlusses gegenüber. In Abhängigkeit von der Zinssituation und der resultierenden Planung der Kapitalerträge besteht in Zukunft das grundsätzliche Risiko eines potenziellen Reservierungsbedarfs aus dem LAT.

Im Hinblick auf den Versicherungsmarkt in CEE bieten verbesserte Konjunkturaussichten in den Ländern Zentral- und Osteuropas Wachstumschancen für die Versicherungswirtschaft, die jene in den bereits gesättigten Versicherungsmärkten Westeuropas deutlich übertreffen. Allerdings war das Prämienaufkommen im Jahr 2015 durchwachsen. Im Bereich der Lebensversicherung ist das Prämienvolumen für die gesamte Region leicht zurückgegangen, was in erster Linie auf ein weiterhin stark rückläufiges Einmalerlagsgeschäft, vor allem in der Tschechischen Republik, zurückzuführen ist. Demgegenüber konnte in Südosteuropa eine Reihe von Versicherungsmärkten sehr hohe Zuwächse im Lebensversicherungsbereich verbuchen. Im Nichtlebenssegment wuchs der Markt allgemein, allerdings verhinderte der nach wie vor sehr intensive Preiswettbewerb vor allem im Kfz- und Sachversicherungsgeschäft in einer Reihe von Märkten Zentral- und Osteuropas höhere Prämieneinnahmen. Reformierte rechtliche Rahmenbedingungen verbunden mit dem Ausscheiden bzw. Rückzug einzelner Mitbewerber, sollten jedoch mittelfristig zu einer Verbesserung der Konkurrenzsituation in einzelnen Märkten beitragen. Entsprechend der Entwicklung der Versicherungsmärkte im abgelaufenen Jahr und der verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind die Erwartungen in Bezug auf ein höheres Prämienaufkommen für 2016 vorsichtig optimistisch. Schwierig einzuschätzen sind derzeit noch die weiteren Auswirkungen der aktuellen politischen Krise auf die Versicherungsmärkte in der Ukraine und Russland, wobei wir aber auch hier von einer tendenziellen Verbesserung der Marktsituation ausgehen. Weitere politische Risiken in der Region sind momentan schwer abschätzbar und nie ganz auszuschließen, dürften aber für die Gruppe im Jahr 2016 von geringerer Relevanz sein. Demgegenüber höher ist das Risiko eines anhaltenden oder gar verschärfenden Preiswettbewerbs, vor allem im Nichtlebenssektor in den zentraleuropäischen Märkten einzustufen.

Die weiterhin bestehende politische Unsicherheit in der Ukraine durch die Separatistenbewegung im Osten des Landes stellt teilweise die weitere Bedienung der Staatsschulden infrage. Der Bestand an ukrainischen Staatsanleihen in der UNIQA Group zum Stichtag 31. Dezember 2015 beläuft sich auf ein Nominale von 19,0 Millionen Euro und einen beizulegenden Zeitwert von 16,4 Millionen Euro. Davon sind 16,9 Millionen Nominale in der ukrainischen Tochtergesellschaft investiert.

Die ukrainische Währung Hrywnja (UAH) hat im Lauf des Jahres 2015 einen Kursverlust von ungefähr 27 Prozent gegenüber dem Euro erlitten (Kurs per 31. Dezember 2015: 0,0383). Der beizulegende Zeitwert des Gesamtbestands an UAH-Wertpapieren in der UNIQA Group beträgt 6,2 Millionen Euro.

Die anhaltenden EU-Sanktionen gegenüber Russland beeinflussen den Wechselkurs des Rubels gegenüber dem Euro (Kurs per 31. Dezember 2015: 0,0124). Dies wiederum führt zu einem volatilen Zinsumfeld und einer Entwertung der Staatsanleihen. Der beizulegende Zeitwert des Gesamtbestands an RUB-Wertpapieren in der UNIQA Group beträgt 71,4 Millionen Euro, von denen 52,1 Millionen in der russischen Tochtergesellschaft investiert sind. Das Nominale an russischen Staatsanleihen im Portfolio der UNIQA Group beträgt 100,9 Millionen Euro (davon 61,2 Millionen Euro in der russischen Tochtergesellschaft) mit einem beizulegenden Zeitwert in Höhe von 95,5 Millionen Euro.

Im Bereich der versicherungstechnischen Risiken stellt nach wie vor die weitere Entwicklung des Motor-Business in CEE (Haftpflicht- und Kaskoversicherungen für Kraftfahrzeuge) die größte Herausforderung dar, da dieses Geschäftssegment einen erheblichen Anteil in der Schaden- und Unfallversicherung in CEE darstellt. Die größten Schwierigkeiten liegen einerseits in einem sich laufend ändernden gesetzlichen Umfeld, das zu höheren Leistungen im Fall von Personenschäden führt, andererseits befinden sich viele Märkte nach wie vor in einem Preiskampf, um Kundensegmente zu gewinnen. UNIQA setzt vermehrt auf professionelles Pricing und führt neben laufenden Marktanalysen standardisierte Profitabilitätstests durch, um die Angemessenheit der Preisgestaltung zu gewährleisten. Weiters soll eine Richtlinie sicherstellen, dass die Abwicklung von internationalen Versicherungsschäden (sogenannten Grüne-Karte-Schäden) im Verbund der UNIQA Gesellschaften oder mit exklusiv definierten Partnern erfolgt.

Im 2. Halbjahr 2015 wurden die Vereinbarungen zwischen allen betroffenen UNIQA Ländern entsprechend angepasst. Mit der UNIQA Assicurazioni S.p.A. steht erstmals eine interne Lösung als kompetenter Partner in Italien zur Verfügung – UNIQA Rumänien wechselte als erstes Land im September 2015. Der nächste Schwerpunkt liegt in der Auswahl von jeweils exklusiven, unseren qualitativen Anforderungen entsprechenden Partnern in jenen Ländern, in denen wir mit keiner UNIQA Gesellschaft vertreten sind.

Um in den Schadenprozessen weitere laufende Verbesserungen zu erzielen, wurden 2015 in zwölf Ländern ein strukturierter Review („Leakage Audit")von geschlossenen Schadenfällen durchgeführt und daraus folgend mit jedem Land einzelne Maßnahmen vereinbart. 2016 wird dies fortgesetzt. Ergänzend wird der Fokus auf den Bereichen Betrugsbekämpfung und Gegenmaßnahmen zu den Entwicklungen von Personenschäden liegen.

Das Thema der Einführung von Solvency II stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar, vor allem weil nun erstmals das neue gesetzliche Rahmenwerk im vollen Umfang zum Tragen kommt. Hier ist insbesondere hervorzuheben, dass UNIQA ein partielles internes Modell für die Schaden-/Unfallversicherung entwickelt hat, das im Rahmen einer Vorantragsphase mit der österreichischen Versicherungsaufsichtsbehörde begutachtet wird. Für diese Aufgabe müssen, bedingt durch den hohen administrativen Aufwand des behördlichen Verfahrens, hinreichend Ressourcen gewidmet werden.

Im Bereich der operationellen Risiken besteht Investitionsbedarf für die Erneuerung von IT-Infrastruktur und -Systemen. Aktuell wird die derzeitige Situation von sehr anspruchsvollen Geschäftsprozessen und der daraus resultierenden Komplexität im IT-Sektor bestimmt. Die größten Risiken im IT-Sektor sind die wachsende IT-Komplexität, eine etwaige Destabilisierung von älteren Umgebungen, Wissensmonopole und das wachsende Risiko im Bereich der IT-Security. Aus diesem Grund begann UNIQA im Jahr 2014, das Betriebsmodell im IT-Sektor zu modernisieren und alle IT-Prozesse und Steuerorgane zu standardisieren und das operationelle Risiko im IT-Bereich zu verringern. Heutzutage arbeitet die IT ausschließlich basierend auf einzelnen Tools und Workflows, die standardisiert sind und deren Arbeitsabläufe bei Änderungen der Umgebungen durch „Quality Gates“ geregelt werden. Im Anschluss an die Modernisierung der IT-Organisation plant UNIQA eine ganzheitliche Modernisierung der IT, die 2016 beginnen soll. Dieses Programm nimmt die Modernisierung der wichtigsten Versicherungsprogramme in Angriff und antwortet damit auf das sich ständig ändernde Wettbewerbsumfeld und die Ansprüche von Kunden sowie Produkten des heutigen Versicherungsmarkts. Durch diese neue Lösung wird die Komplexität der IT erheblich verringert, die Dauer der Vermarktung von Erfindungen und neuen Entwicklungen verkürzt und es muss nicht mehr auf einzelne Wissensträger zurückgegriffen werden.

Prioritäten

Aus den Vorbereitungsarbeiten zu Solvency II werden nun Regelprozesse, die 2016 erstmals ihren vollen Umfang entwickeln. So stellen insbesondere die Reporting-Anforderungen (Säule 3 von Solvency II) Herausforderungen dar, die mit entsprechender Priorität versehen werden müssen. Innerhalb dieser Anforderungen sind es die quantitativen Reporting-Anforderungen (QRTs) und die damit verbundenen Daten- und Prozessanforderungen, die zu hohen zusätzlichen Aufwänden innerhalb der Organisation führen und denen entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Daneben sind eher qualitative Berichte an die Aufsichtsbehörde, der „Regular Report to Supervisors“ (RSR) und der „Actuarial Function Report“ (AFR) erforderlich. Weiters sind umfassende Vorbereitungen für den Bericht über die Solvabilität und Finanzlage („Solvency and Financial Condition Report“ [SFCR]) erforderlich, um erstmals im Jahr 2017 (für das Berichtsjahr 2016) eine entsprechend gute Veröffentlichung durchzuführen. Darüber hinaus wird – wie schon bei den Herausforderungen erwähnt – dem Genehmigungsverfahren des partiellen internen Modells der Schaden-/Unfallversicherung und den damit verbundenen benötigten Ressourcen eine hohe Priorität zugeordnet.

UNIQA arbeitet kontinuierlich an der Weiterentwicklung des wertorientierten Steuerungsansatzes, der durch die Inkraftsetzung von Solvency II auf eine noch stärkere Basis gestellt wird. Das Kapitalmanagement aber auch die Planung von in Zukunft erwarteten Erträgen orientieren sich stark an der Risikokapitalposition der Gruppe bzw. der einzelnen operativen Einheiten und deren Geschäftsfeldern. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unseren Umgang mit Kapital, den größten Risiken und deren Stress sowie damit verbundenen Ertragszielen und einer entsprechenden Dividendenpolitik transparent darzulegen. Dabei sollen, ausgehend von einer definierten Risikotragfähigkeit, die Ertragsziele so gewählt werden, dass die Rendite auf das Risikokapital die Kapitalkosten nachhaltig übersteigt und so eine nachhaltige und kontinuierliche Dividendenzahlung gesichert ist, während gleichzeitig die Risikotragfähigkeit nicht gefährdet wird. Zur Unterstützung dieser Ambition wird sichergestellt, dass beginnend mit der Risiko- und Ertragsbeurteilung im Neuprodukteprozess bis hin zur Ergebnisanalyse ein konsistentes Rahmenwerk der ökonomischen Wertschöpfung verwendet wird.

Unverändert zu Vorjahren – bedingt durch die anhaltende Tiefzinsphase – stellen die Fortsetzungen der strategischen Programme rund um das Kostenmanagement, die Profitabilisierung der Schaden-/Unfallversicherung, der Weiterentwicklung der Lebensversicherungsstrategie, inkludierend das Bestandsmanagement (In-Force Management), Kapitalanlage unter ALM-Aspekten sowie die darauf ausgerichteten internen Prozesse wesentliche strategische Eckpfeiler dar. Alle Programme sollen ihren Beitrag leisten, um die geplanten Ergebnisse im Jahr 2016 und darüber hinaus deren Nachhaltigkeit erreichen zu können. Insbesondere in der Niedrigzinsphase und der Phase hoher Volatilität an den Kapitalmärkten stellt die erfolgreiche Umsetzung von Projekten, die im operativen Kerngeschäft zu Ergebnisstabilisierungen oder -verbesserungen führen, ein zentrales Element dar.

UNIQA wird sich beginnend mit 2016 dem Thema Weiterentwicklung von zukünftigen IFRS-Standards (IFRS 4, IFRS 9) mit erhöhter Aufmerksamkeit widmen. Die erwarteten Umbrüche in der Beurteilung (Bilanz wie Gewinn- und Verlustrechnung) des Versicherungsgeschäfts, benötigen eine hinreichende Vorlaufzeit, um die inhaltlichen und prozessualen Herausforderungen entsprechend umsetzen zu können. Wir erwarten trotz der guten Vorbereitung von UNIQA im Rahmen von Solvency II erhebliche weitere Aufwände, um den kommenden IFRS-Anforderungen entsprechen zu können. In diesem Sinne sollen 2016 Erststudien durchgeführt werden, um einen konkreten Implementierungsplan für die kommenden Jahre zu entwickeln.

Als Teil der Neustrukturierung und Optimierung des Finanzbereiches wird 2016 – analog zu den Kernprozessen in den vergangenen Jahren – erstmals an der Ausarbeitung eines „Target Operating Models“ (TOM) für die Finanzprozesse gearbeitet. Das „TOM Finance“ soll dazu beitragen die Abschlussprozesse im Konzern möglichst einheitlich zu definieren, Abläufe zu verbessern und zu beschleunigen sowie etwaige derzeit noch vorhandene Ineffizienzen zu beseitigen. Wir sehen darin einen weiteren konsequenten Schritt auf unserem Weg, die Qualität der Zahlen zu verbessern und gleichzeitig die Erstellung zu beschleunigen.

Im Rahmen regulatorischer Entwicklungen werden uns die Förderung des digitalen Binnenmarkts sowie die Weiterentwicklung der Konsumentenschutzbestimmungen rund um Finanzdienstleitungen für Privatkunden begleiten. Das Mitte Dezember 2015 veröffentlichte Grünbuch der Europäischen Kommission hat hier bereits die Konsultation über die Folgen der Digitalisierung von Finanzprodukten aufgenommen und untersucht das Potenzial für die Entwicklung neuer, innovativer Produkte in diesem Bereich. Begleitend sondiert die Europäische Kommission mit einem „Call-for-Advice“ an die EIOPA die Möglichkeiten zur Schaffung eines förderlicheren Umfelds für Pan-Europäische Pensionsprodukte (PEPPs). Die Attraktivität langfristiger Infrastrukturinvestments wird ebenfalls verstärkt durch regulatorische Begleitmaßnahmen incentiviert werden und die Veranlagungsstrategien beeinflussen. Die Ende 2015 beschlossene EU-Vermittlerrichtlinie („Insurance Distribution Directive“, IDD) ist in den nächsten 24 Monaten in den Mitgliedstaaten umzusetzen und wird nochmals für erhöhte Transparenz (u.a. Provisionsoffenlegung, standardisiertes Produktinformationsblatt, Offenlegung der Gesamtkosten bei Lebensversicherungen) sorgen.

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