Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

das Geschäftsjahr 2019, das den Schlussstein unseres 2011 vorgestellten Strategieprogramms UNIQA 2.0 bildete, verlief durchaus erfreulich:

1. Das EGT von 296 Millionen Euro liegt über unseren Erwartungen und gleichauf mit jenem des Vorjahres, obwohl dieses rund 47 Millionen Euro an außerordentlichen Erträgen aus dem Verkauf unserer Anteile an der Casinos Austria AG enthalten hatte. Besonders positiv daran ist, dass die Wachstumsmärkte in CEE einen immer größeren Anteil zum Ergebnis der Gruppe beisteuern – 2019 lag er bereits bei 71 Millionen Euro. Im Gegensatz dazu belastet das Niedrigzinsumfeld vor allem das längerfristige Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft in Österreich. Als Folge daraus reduzierte sich der EGT-Beitrag unseres Heimatmarkts 2019 auf 169 Millionen Euro.

2. Den operativen Geschäftsverlauf charakterisierten ein leicht über unseren Erwartungen liegendes Prämienwachstum von 1,2 Prozent (+ 2,6 Prozent in der Schaden- und Unfallversicherung, + 4,1 Prozent in der Krankenversicherung und – 3,7 Prozent in der Lebensversicherung) sowie eine abermals verbesserte von netto 96,4 Prozent. Sie bringt uns unserem Ziel von 95 Prozent im Jahr 2020 wieder einen Schritt näher.

3. Solide zeigte sich mit einem Ergebnis aus Kapitalanlagen von 585 Millionen Euro – es entspricht einer Gesamtrendite von 2,8 Prozent – auch unsere Veranlagung. Angesichts des andauernden Niedrigzinsumfelds ist dieses Ergebnis für 2019 sehr erfreulich.

4. Trotz der spürbaren Auswirkungen dieses Tiefzinsumfelds lag unsere Solvenzquote () per Jahresende 2019, also noch ohne jegliche Auswirkungen aus dem Zukauf der Tochtergesellschaften der AXA-Gruppe in Polen, Tschechien und der Slowakei, bei 216 Prozent.

„… wir gehen an die zahlreichen, schnellen Veränderungen in unserer Branche zwar mit Respekt heran, erkennen aber auch gleichzeitig die vielen attraktiven Möglichkeiten …“

Sehr geehrte Damen und Herren, das Geschäftsjahr 2019 bildet nicht nur den finalen Schlussstein unseres 2011 vorgestellten langfristigen Programms UNIQA 2.0, sondern bildet gleichzeitig auch das Fundament für unsere neue strategische Periode UNIQA 3.0 von 2020 bis 2024. Warum werden diese kommenden fünf Jahre für UNIQA von ganz besonderer Bedeutung sein?

Die globale Versicherungswirtschaft erlebte in den letzten neun Jahren eine Revolution von bislang nicht gekanntem Ausmaß: definiert seit 2016 die Spielregeln unserer Branche völlig neu. Das Zinsumfeld bereitet seit einigen Jahren einer Vielzahl an europäischen Gesellschaften existenzielle Probleme und hat sie zu teilweise radikalen Maßnahmen gezwungen. Technologische Entwicklungen bei Digitalisierung oder künstlicher Intelligenz sind mit atemberaubender Geschwindigkeit in unsere Branche eingezogen. Superschnelle Insur- und Fintechs attackieren klassische Versicherungen täglich. Die Grenzen zu anderen Industrien, wie etwa Automotive, Data Science oder Gesundheit, verschwinden. Junge Talente, die von Schulen oder Universitäten ins Berufsleben einsteigen, haben weltweit zahlreiche attraktive Job-Optionen. An Versicherungen denken die wirklich guten von ihnen selten. Und die Erwartungen unserer Kunden ändern sich rasant – die für erstklassige, zeitgemäße Dienstleistungsqualität schraubt sich durch individuelle Erfahrungen im persönlichen Bereich täglich nach oben.

Wir selbst haben uns in diesen neun Jahren auch verändert. Wir sind eine andere UNIQA geworden. Wir meinen, eine deutlich bessere. Wir sind gewachsen, weil wir unser Markenversprechen geschützt und dadurch – trotz des Ausstiegs aus Deutschland und Italien und unter Einbeziehung unserer geplanten Transaktion mit der französischen AXA-Gruppe – unsere Kundenanzahl um 7,5 Millionen auf rund 15 Millionen verdoppelt haben. Wir haben viele Prozesse verändert und dabei auch manches falsch gemacht. Wir haben große Projekte begonnen, darunter eine kostenintensive, komplexe und mehrjährige Geschäfts- und IT-Transformation. Und wir haben, vor allem durch den Börsegang im Oktober 2013, unsere Kapitalposition und gleichzeitig unsere Ertragsfähigkeit deutlich verbessert.

Das wird aber nicht genügen, um langfristig in Exzellenz bestehen zu können. Dies umso mehr unter dem Eindruck der Coronakrise, die im Moment jeden Blick in die Zukunft mit einem Fragezeichen versieht. Wir werden jedenfalls im bestehenden Geschäftsmodell nochmals deutlich besser und schlanker werden und gleichzeitig disruptive Innovationen unseren Kunden schneller zur Verfügung stellen müssen. Wir werden uns also, wie schon unter UNIQA 2.0 seit 2011, wieder transformieren. UNIQA 3.0, unser Strategieprogramm für die kommenden fünf Jahre, soll die Leitlinien und Orientierungspunkte für diesen Weg definieren.

„Wir sind unverändert zuversichtlich, auch aus dieser Phase der Unsicherheit gestärkt hervorzugehen.“

Die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen wir bis zum September 2020, bilanziell rückwirkend per 1. Jänner 2020: Wir straffen unsere Konzernstruktur, indem wir die UNIQA Österreich Versicherungen AG und die UNIQA International AG fusionieren. Diese „UNIQA Österreich Versicherungen AG NEU“, die künftig für das gesamte operative Erstversicherungsgeschäft der Gruppe verantwortlich sein wird, bleibt eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der börsennotierten UNIQA Insurance Group AG, die allerdings – im Unterschied zu heute – als reine Beteiligungsgesellschaft keinerlei operatives Geschäft mehr betreiben wird. Aufsichtsrat sowie Vorstand der UNIQA Insurance Group AG und „UNIQA Österreich Versicherungen AG NEU“ sind jeweils ident.

Unser Plan ist es, Ihnen gegen Jahresende 2020 die Details zu UNIQA 3.0 vorzustellen. Wie auch immer die nächsten Wochen und Monate verlaufen, wir gehen an die zahlreichen, schnellen Veränderungen in unserer Branche zwar mit Respekt heran, erkennen aber auch gleichzeitig die vielen attraktiven Möglichkeiten, die sich Finanzdienstleistungsunternehmen – so sie ihren Kunden einen klar vom Mitbewerb differenzierten Mehrwert und ein vertrauenswürdiges Markenversprechen bieten – eröffnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Auswirkungen der Coronakrise wurden für jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns im Lauf der letzten Wochen mit voller Wucht spürbar. Jeder Tag bringt neue Informationen, neue Erkenntnisse, neue Veränderungen. Bitte haben Sie Verständnis, falls dieses mehrfach überarbeitete Vorwort zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie es lesen, in manchen Passagen möglicherweise wirkt, als hätten uns die Entwicklungen rund um COVID 19 seit Druckschluss ein weiteres Mal überholt. Es könnte tatsächlich der Fall gewesen sein.

Prognosen sind schwierig – besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Diese ironische Aussage trifft die aktuelle Lage sehr gut. Auch für uns bedeutet die gegenwärtige Situation eine ungewohnte Unschärfe bei unseren Zukunftsaussagen. Wir sind aber unverändert zuversichtlich, auch aus dieser Phase der Unsicherheit gestärkt hervorzugehen.

Abschließend danke ich Ihnen im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von UNIQA herzlich für Ihr Interesse und Ihr Vertrauen in unsere Unternehmensgruppe und hoffe, dass wir auch weiterhin einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass nicht nur unsere Kunden, sondern vor allem auch Sie als unsere Aktionärinnen und Aktionäre sicher, besser und länger leben.

Wien, im April 2020

Andreas Brandstetter
im Namen des Group Executive Board

Combined Ratio
Summe aus den Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb und die Versicherungsleistungen im Verhältnis zur abgegrenzten Prämie jeweils im Eigenbehalt – in der Schaden- und Unfallversicherung.
SCR
Bezeichnet die anrechenbaren Eigenmittel (Solvency Capital Requirement), die Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zur Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung zu halten haben. Sie ist so kalibriert, dass alle quantifizierbaren Risiken (u. a. Marktrisiko, Kreditrisiko, lebensversicherungstechnisches Risiko) verlässlich berücksichtigt sind. Sie deckt sowohl die laufende Geschäftstätigkeit als auch das in den folgenden zwölf Monaten erwartete neue Geschäft ab.
Solvency II
Richtlinie der Europäischen Union zu Publikationspflichten sowie Solvabilitätsvorschriften für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen.
Benchmark-Methode
Eine im Rahmen der IFRS-Rechnungslegung bevorzugte Bilanzierungs- und Bewertungsmethode.