Wirtschaftliches Umfeld

Das makroökonomische Umfeld hat sich 2019 weiter abgekühlt. Die Weltwirtschaft wuchs voraussichtlich um 2,9 Prozent (OECD) – die niedrigste Wachstumsrate seit der Finanzkrise 2008/09. Trotz einer Deeskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China gegen Ende des Jahres (Phase-1-Abkommen) stagniert der Welthandel. Am 31. Jänner 2020 trat das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus, die Unsicherheit über die zukünftigen Handelsbeziehungen überschattet die Konjunktur allerdings weiterhin. In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, ist die Industrie das schwächste Glied, während der Dienstleistungssektor floriert. Der Abwärtstrend des Geschäftsvertrauens hat zu Beginn des Jahres 2020 vorläufig eine Talsohle gefunden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus sind im März 2020 noch unsicher, allerdings zeichnet sich eine drastische Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Aktivitäten ab. Deren Ausmaß wird von der Dauer der Krise und den öffentlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung einerseits und zur Überbrückung vorübergehender Einkommensverluste von Firmen und Haushalten andererseits abhängen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums stieg 2019 um 1,2 Prozent. Damit hat sich das Wachstum gegenüber dem Vorjahr verlangsamt. Der Konsum der privaten Haushalte wurde dabei weiterhin durch solide Arbeitsmarktbedingungen gestützt: Die Arbeitslosenquote erreichte Ende 2019 im Euroraum ihr Vorkrisentief (7,4 Prozent). Die österreichische Wirtschaft verzeichnete während des Jahres 2019 eine solide Entwicklung. Obwohl internationale Risiken für die Konjunktur zugenommen haben, lag der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei 1,6 Prozent. Auch hier hatte sich die Konjunktur damit gegenüber den Vorjahren abgekühlt; allerdings verdichteten sich gegen Jahresende die Anzeichen für eine Stabilisierung auf einem moderaten Wachstumspfad. Rückgänge im internationalen Handel und der Nachfrage nach Industriegütern dämpfen dennoch die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe. Demgegenüber blieb Anfang 2020 die Entwicklung im Dienstleistungsbereich sehr erfreulich, und auch die private Konsumnachfrage blieb dank der soliden Arbeitsmarktbedingungen lebendig. Der Arbeitsmarkt verzeichnete Beschäftigungs- und Lohnzuwächse, und die Arbeitslosenrate befand sich mit 4,2 Prozent auf einem sehr niedrigen Niveau. Unterbrechungen wirtschaftlicher Aktivitäten, die durch den Ausfall von Arbeitskräften, unterbrochene Lieferketten, Einbrüche in direkt betroffenen Sektoren wie Tourismus und Verkehr sowie durch Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus verursacht werden, werden voraussichtlich einen signifikanten, wenn auch vorübergehenden Effekt auf die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft ausüben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im September 2019 eine Kehrtwende vollzogen. Eine vorübergehende Phase der geldpolitischen Normalisierung wurde mit neuen Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur und Inflation beendet. Der Einlagenzinssatz wurde auf – 0,5 Prozent gesenkt, und im November 2019 startete die EZB wieder ein unbefristetes Programm monatlicher Anleihekäufe von 20 Milliarden Euro. Trotz dieses umfassenden geldpolitischen Stimulus bleibt die Inflationsdynamik schwach, sodass auch unter der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde in den nächsten Jahren nicht von einer Normalisierung der Geldpolitik und des Zinsumfelds ausgegangen werden kann. Ab 2020 wird eine strategische Überprüfung durchgeführt, bei der unter anderem die Wirksamkeit und Angemessenheit der geldpolitischen Instrumente bewertet werden soll. Die US-Notenbank (Fed) hatte ihre Anpassung zur Zyklusmitte mit drei Zinssenkungen 2019 abgeschlossen. Im März 2020 reagierten die Zentralbanken und Regierungen rund um den Globus auf die sich abzeichnenden Folgen der Ausbreitung des Coronavirus. Die Fed senkte in zwei Notfallsitzungen des Offenmarktausschusses die Leitzinsen um insgesamt 150 Basispunkte. Die Zielspanne für die Leitzinsen liegt damit zwischen 0 und 0,25 Prozent. Zusätzlich wurden sowohl von der Fed als auch von der EZB neue großvolumige Anleihekäufe und umfangreiche Maßnahmen zur Liquiditätsversorgung der Geld- und Kapitalmärkte beschlossen.

Österreich profitierte im vergangenen Jahr von der weiterhin sehr günstigen Konjunktur in Zentral- und Osteuropa (CEE). 2019 lag das Wirtschaftswachstum in den UNIQA Kernmärkten in CEE hochgerechnet bei 3,7 Prozent (ohne Russland) und hat sich damit gegenüber 2018 etwas verlangsamt. Dennoch gehört CEE zu den am schnellsten expandierenden Wachstumsregionen, die bislang eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber der konjunkturellen Abkühlung im Euroraum – einem wichtigen Handelspartner der Region – gezeigt hat. Negative Ansteckungseffekte haben allerdings in einigen Ländern die Exportnachfrage und die Industrie beeinträchtigt. In Tschechien und der Slowakei hat sich das Wirtschaftswachstum 2019 mit BIP-Anstiegen von voraussichtlich 2,4 bzw. 2,3 Prozent verlangsamt, während sich Polen und Ungarn weiterhin in einer Boomphase befinden (4,1 bzw. 4,9 Prozent BIP-Wachstum). Die Arbeitslosenraten haben in CEE historische Tiefststände erreicht, und die robusten Arbeitsmarktbedingungen stützen die starke Binnennachfrage.

Russland zeigte eine stabile wirtschaftliche Entwicklung, obwohl die Wirtschaft ein vergleichsweise geringes mittelfristiges Wachstumspotenzial aufweist. Aufwärtschancen ergeben sich durch die geplante Realisierung nationaler Infrastrukturprojekte. Die Wirtschaft der Ukraine erholte sich indessen: Die Inflation ging 2019 rapide zurück und ebnete dadurch den Weg für günstigere Finanzierungsbedingungen. Die Zentralbanken Russlands und der Ukraine haben Zinssenkungszyklen gestartet.

Die BIP-Wachstumsraten der Volkswirtschaften Südosteuropas liegen im Schnitt bei 3,4 Prozent, positive Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten haben sich fortgesetzt, und die Inflationsraten sind verhalten. Insgesamt bieten auch die Balkanländer stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Es zeichnet sich zwar eine vorübergehende Unterbrechung der soliden Wirtschaftsentwicklung durch die Auswirkungen des Coronavirus ab, angesichts des signifikant über der Entwicklung in Westeuropa liegenden Wirtschaftswachstums setzt sich der Konvergenzprozess von Einkommen und Wohlstand in CEE aber mittelfristig fort.